Grüße aus den Niederlanden – HSG Open 2025
Wie bereits 2024 habe ich auch dieses Jahr beim HSG Open in Hilversum (Niederlande) mitgespielt. Das Schachturnier ist sehr beliebt und zählt mit über 300 Teilnehmern zu den größeren seiner Art. In den letzten Jahren haben namhafte Spieler wie Lucas und Jorden van Foreest, Max Warmerdam, Loek van Wely oder Anish Giri hier gewonnen. In diesem Jahr konnte sich GM Benjamin Bok den Sieg sichern.
Das Teilnehmerfeld wurde in vier Gruppen eingeteilt. Ich (aktuelle ELO 1794) startete im unteren Drittel der Gruppe B. Hier betrug die ELO-Spanne 1750–2000. Es wurden sechs Runden mit einer Bedenkzeit von 110 Minuten und 10 Sekunden Inkrement ab dem ersten Zug gespielt. Für uns in Deutschland ist dies ein eher ungewöhnlicher Modus. Als sehr angenehm empfand ich die Rundenzeiten. An den ersten beiden Tagen ging es erst um 12:30 Uhr los. Man konnte also ausgeschlafen ans Brett.
In der ersten Runde spielte ich mit Schwarz gegen einen Gleichaltrigen mit einer Elo-Zahl von 1909. Die Partie verlief ausgeglichen und am Ende einigten wir uns auf Remis in einer 0,0-Stellung. 0,5 Punkte.
In der zweiten Runde spielte ich mit Weiß gegen einen 13-Jährigen aus Luxemburg. Wenngleich seine Elo-Zahl nur 1684 betrug, hatte ich hier schon mehr Respekt, da seine Tendenz nur eine Richtung kennt – nach oben. Es kam das Albin-Countergambit aufs Brett. Glücklicherweise ist dies ein fester Bestandteil meines Repertoires, sodass ich die ganze Partie aus der Eröffnung heraus über besser stand. Es gab eine kritische Phase (siehe Grafik), die etwas Mut erforderte. Ich zog h3, in dem Wissen, dass mein Gegner daraufhin hxg3 spielen würde. Danach kann die Dame gefährlich auf h4 auftauchen oder der Turm auf h1 Schach geben. Aber dank meines Läufers, der auf g2 alles zusammenhalten wird, steht Weiß sicher. Einige Züge später übersah der junge Mann aus Luxemburg ein kleines, aber feines Zwischenmatt, sodass ich 1,5 Punkte aus 2 Partien am ersten Tag einfahren konnte. Ein guter Start.

Kritischer Moment: Ich zog h3.
In der dritten Runde spiele ich erneut gegen einen 13-Jährigen. Dieses Mal aus den Niederlanden. 1903 Elo, sehr talentiert. Letztes Jahr hatte er noch 1300 Elo, entsprechend rechnete ich mit einer Niederlage. Er spielte mit Schwarz Grünfeld. Ich schickte früh meinen Harry-Pawn auf Reisen. Sprich: h4 im dritten Zug. Das schien ihn direkt aus seinen bekannten Gefilden gebracht zu haben. Die ganze Partie über besaß ich einen positionellen Vorteil. Im 25. Zug erreichten wir eine dreifache Stellungswiederholung und einigten uns auf Remis. Die Engine sagt, dass ich mit +1,5 im Vorteil bin, aber ich müsste kontraintuitiv meinen Turm ziehen und ihm die offene C-Linie überlassen. Das ist Computerschach und nur schwer zu verstehen. Insofern geht auch dieser halbe Punkt für mich voll in Ordnung.
In der vierten Runde traf ich mit den schwarzen Steinen auf einen älteren Spieler mit einem Rating von 1888. Die Partie verlief sehr ausgeglichen. Im Schwerfiguren-Endspiel erreichten wir ebenfalls eine dreifache Stellungswiederholung. Hier hatte ich allerdings großes Glück. Sowohl mein Gegner als auch ich übersahen eine Gewinnvariante für Weiß, die im Nachhinein relativ einfach zu finden ist. Aber am Brett mit Zeitnot haben wir sie übersehen. Daher nehme ich dankend auch diesen halben Punkt mit nach Hause.
Nach vier Runden und dem zweiten Turniertag hatte ich 2,5 Punkte in der Tasche. Damit hatte ich mein zuvor gestecktes Ziel bereits erreicht.
Die fünfte Runde begann am Sonntag bereits um 9:30 Uhr. Mein Gegner hatte – wie der Gegner in der vierten Runde – eine ELO von 1888. Es kam Damenindisch aufs Brett. Mir schien es, als hätte er sich auf mich vorbereitet. Allerdings beging er gleich zwei Ungenauigkeiten in der Eröffnung, wodurch ich einen positionellen Vorteil erhielt. Es entstand eine „Squeeze-Partie“. Ich konnte meinen Gegner einschnüren und meinen Vorteil kontinuierlich ausbauen. Nachfolgend die gesamte Partie, und ich habe den nächsten vollen Punkt geholt.
Die letzte Runde sollte mein schwerstes Los werden. Mit Schwarz gegen einen 1935er. Es kam Caro-Kann (Vorstoß-Variante) auf das Brett. Im Mittelspiel herrschte eine wilde Bauernstruktur und es fiel mir schwer, die Partie objektiv einzuschätzen. Ich hatte das Gefühl, im Nachteil zu sein. Die Engine sagt allerdings, dass Schwarz einen leichten Vorteil hätte. Ich war einigermaßen froh, überhaupt das Endspiel gegen so einen deutlich stärkeren Spieler erreicht zu haben. Und dann, im 38. Zug, ein Fehler von ihm. Sofort realisierte ich, dass ich durch den Turmtausch eine Gewinnstellung erreichen würde und konnte entsprechend auch diese Partie für mich entscheiden.
Mit 4,5 Punkten aus 6 Partien beendete ich das Turnier ohne Niederlage und erreichte eine Performance von 2104. In der Gruppe B landete ich auf dem 13. Platz von 122 Spielern (Abschlusstabelle). So darf es gerne weitergehen!